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Vlies und Faser

Geht es beim Körperbau, der Kopfform und dem Gebiss vor allem um die Lebensqualität der Zuchttiere, bedeutet ein verbessertes Vlies einen höheren wirtschaftlichen Nutzen. Textilien aus Alpaka-Vlies können einen Tragekomfort erreichen, welcher unter Naturfasern einzigartig ist. Der Vorgänger des Alpakas, das wilde Vikunja, hat das feinste derzeit verarbeitete Vlies im gesamten Tierreich. Alpaka stellt aufgrund seiner nachhaltigen und umweltschonenden Produktion selbst Kaschmir in den Schatten. Der Glanz der Surifaser kann sogar mit Textilien aus Seide mithalten. Der Dank für das erstklassige Vlies gebührt den Menschen, die schon vor der Zeit der Inkas in Südamerika die wilden Vikunjas domestiziert haben. Sie haben die Tiere über Generationen hinweg so stark verbessert, dass selbst die heutige Zucht noch hinterherhinkt. Die Faserfeinheit von Alpakas und Lamas war nur ein Aspekt der Zuchtkunst der Inka. Wesentlich beeindruckender war jedoch die einheitliche Beschaffenheit der gefundenen Vliese.

Das Fell aller Neuweltkameliden besteht aus zwei Schichten. Im Slang nennt man es deshalb oft »double coated«, also doppelt beschichtet. Die beiden Schichten sind das Ober- und das Unterhaar. Das Oberhaar, auch Deckhaar oder Grannenhaare genannt, schützt die Kameliden vor äußeren Einflüssen. Wetter und Feuchtigkeit wird standgehalten, während das feinere Unterhaar die Temperatur reguliert. Den größten Anteil an Deckhaar im Fell von Neuweltkameliden findet man beim Lama, welches vor allem zum Tragen von Lasten gezüchtet wurde. Das Deckhaar ist beim Lama praktisch, da es das Tier beständiger und einsatzfähiger macht. Sein Vorfahre, das Guanako besitzt ebenfalls mehr Deckhaare als das feinbehaarte Vikunja. Das Alpaka tanzt hier allerdings aus der Reihe. Oft wird es als »single-coated« bezeichnet, was nur begrenzt der Realität entspricht. Im Verlauf der Zucht der Tiere hat sich das Deckhaar lediglich so weit zurückentwickelt, dass es zum Teil ähnliche Eigenschaften aufweist wie das Unterhaar: ein eindeutiges Zuchtziel schon im vorkolonialen Südamerika. Das Deckhaar ist aber nicht verschwunden. Durch die kontrollierte Zucht ist es immer feiner gezüchtet worden – bis zur Unkenntlichkeit. Das Deckhaar bleibt dadurch potenziell vorhanden, wird jedoch – je nach Zuchterfolg – im Unterhaar unsichtbar. Dadurch ist es heutzutage bei Alpakas sehr unterschiedlich ausgeprägt. Erstklassige Vliese zeichnen sich durch sehr angepasstes, feines Deckhaar aus.

Größere Haarschuppen, welche sich zusätzlich in weiterem Abstand überlappen, sind maßgebend für die Qualität der Faser. Hat die Faser eine geringere Schuppenfrequenz pro Längenabschnitt, werden die Schuppen seltener unterbrochen. Daraus resultiert eine größere zusammenhängende Schuppenfläche, welche das Licht gleichmäßiger reflektiert. Hier entsteht der Alpaka-spezifische Glanz – gerade bei der Surifaser ein prägendes Gütekriterium. Daneben bestimmt die Beschaffenheit der Kutikula, wie die Fasern – und somit auch die daraus gewonnenen Textilprodukte – sich anfühlen. Je flacher die einzelnen Schuppen, desto besser das Gefühl. Ragen die einzelnen Schuppenkanten hingegen weiter aus der Struktur hinaus, bilden sie kleine Widerhaken. Obwohl hier Veränderungen im Bruchteilbereich von Mikrometern betrachtet werden, sind die Unterschiede spürbar. Bei der Analyse von Fasereigenschaften bestimmen Haar- spaltereien tatsächlich die Qualität. Das merkt man vor allem bei der Surifaser. Suris sind nicht nur berüchtigt für ihren ausgeprägten Glanz: Durch die geringe Schuppenhöhe fließt die Faser förmlich durch die Hände.

Der Stamm des Haares, der Kortex, ist vollständig von der Kutikula bedeckt. Er beeinflusst ebenfalls die Erscheinung der Faser. Zwei verschiedene Zellengruppen, die Parakortexzellen und die Orthokortexzellen geben der Faser ihre Form. Beim Huacaya liegen die Para- und Orthokortexzellen jeweils zusammen auf einer Seite der Faser. Sie unterteilen das Haar somit in zwei Hälften und sorgen für die Wellenform der Faser, dem sogenannten Crimp. Dieser Effekt ähnelt dem einer Verbindung zweier Materialien mit unterschiedlicher Spannung: Die gespannte Seite zieht die Verbindung zusammen, während die ursprünglich entspannte Seite die Kraft auffängt und regelmäßige Wellen schlägt. Die entspannte Seite wird dabei immer nach außen zeigen, da sie mehr Fläche zur Verfügung stellen kann. Ähnlich funktioniert es bei der Faser: Im Inneren liegt der Parakortex, der Orthokortex zeigt nach außen, unterschiedliche Zellenlängen sorgen für Unterschiede in der Kräuselung.11 Der Crimp entsteht allerdings nicht in der einzelnen Faser, sondern als Zusammenspiel der enganliegenden Fasern im Vlies, welche sich zu einer gemeinsamen Wellenform bündeln. Besonders bei sehr feinem und dichtem Vlies entsteht ein wunderbar definierter Verlauf der Fasern. Weil bei Suris die beiden Zellengruppen innerhalb des Kortex gemischt und nicht fest auf zwei Seiten verteilt sind, entfällt der Crimp. Die Fasern fallen in leicht gedrehten Locken am Körper des Tieres hinab.

Als letzte Schicht spielt die Medulla, der Hohlraum innerhalb der Faser, eine besondere Rolle: Sie beeinflusst den Durchmesser der Faser und kommt vor allem im gut sichtbaren, dickeren Deckhaar vor. In feineren Fasern hingegen ist die Medulla nur teilweise vorhanden oder fehlt sogar ganz. Genauso ist es möglich, dass gröbere Fasern keinen Hohlraum enthalten. Ohne technische Hilfsmittel kann nicht sicher unterschieden werden, ob eine Faser medulliert ist oder nicht. Lediglich das Vorhandensein des groben Deckhaares kann leicht examiniert werden.

11Harland, D. P. et al. (2018): Intrinsic curvature in wool fibres is determined by the relative length of orthocortical and paracortical cells. In: The Journal of experimental biology, S. 221.


Auszug: LEIDENSCHAFT ALPAKA – HALTUNG, ZUCHT & SHOWS Herausgeber und Autor, Show Richter Robin Näsemann, 2020

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